Mit Etüden quält man Klavierschüler, erst später erkennen sie, dass erst viele und regelmäßige Fingerübungen Geschmeidigkeit, Übung und auch Ausdruck bewirken. Ähnlich beim Kochen: je mehr Kocherfahrung, desto souveräner kombinieren wir Zutaten und wagen uns an Neues. Wer Jazzimprovisation auf der Gitarre lernt, kennt den Begriff „Licks“. Das sind kleine Einheiten, z.B. Akkordfolgen oder Melodielinien, die als Ausgangspunkte für eigene Improvisationen dienen. Auf dieser Seite will ich ein paar solcher „Licks“ darstellen, und dazu passt gut, was Franz Keller in seinem Buch „Ab in die Küche“ (2020: 160 ff) vorschlägt, nämlich in „Folgegerichten“ zu denken. D.h. vorausschauend zu überlegen, wie das, was vom Essen übrigbleibt, am nächsten Tag (nicht nur einfach wieder aufgewärmt, sondern) zu etwas Neuem weiterverarbeitet werden kann.
Beginnen wir mal mit Kartoffeln, die man im Prinzip backen, kochen oder anbraten kann. Ich mag sie gerne kross in Kokosöl gebraten, und zwar roh in kleine (ca. 1 cm) Würfel geschnitten, und kann dann immer noch entscheiden, ob ich sie als Bratkartoffeln zu Rosenkohl oder anderem Gemüse serviere, daraus mit warmer Milch Kartoffelpüree mache oder ein Gratin, also mit einer Käsekruste überbacken. In jedem Fall machen sich die Röstaromen sehr gut. Ein Trick beim Anbraten oder wenn die Würfel etwas größer und noch nicht gar sind: Etwas Brühe (ca. 30ml) in die Pfanne schütten und den Deckel schließen. Die Bratkartoffeln werden im Nu innen weich und bleiben außen kross.
Gekocht werden Kartoffeln in der Regel, wenn ein Salat daraus werden soll. Auch hier öffnet sich ein weites kreatives Feld: Schneidet man sie in etwas warme Brühe, am besten noch mit angerösteten Zwiebeln und Schinkenspeck, dann wird ein schöner „schlunziger“ süddeutscher Kartoffelsalat daraus, der sich auf Parties auch bei heißen Temperaturen länger hält. Aber man kann auch anderes Gemüse daruntermischen, auch Nüsse aller Art verfeinern den Geschmack.
Um Rote Bete hatte ich früher einen großen Bogen gemacht, bis ich entdeckt habe, dass sie roh, in kleine Würfel geschnitten oder gerieben, in der Bratpfanne einen tollen Geschmack entwickeln. Wer will, kann noch nachwürzen, und fertig ist das Ausgangsprodukt für eine Gemüsebeilage, einen Salat oder auch – mit dem Zauberstab püriert – ein Pesto, verfeinert etwa mit gerösteten Pinienkernen, das sich als Brotaufstrich eignet oder zu Spaghetti.
Apropos Brotaufstrich: Jeder Gemüserest vom Vortag kann in pürierter Form weiterverarbeitet werden, als wohlschmeckender Brotaufstrich (Tapas für Gäste!), als Pesto, Salatsauce oder als Suppenansatz. Schließlich wollen wir dazu beitragen, dass weniger Essensreste weggeworfen werden. Wer noch essbare Reste einfach entsorgt, verspielt die Chance, sie kreativ weiterzuverarbeiten.
So lässt sich auch altes Brot, in Würfeln geschnitten, als Croutons für die nächste Suppe verwenden oder auch zu Paniermehl mahlen. Ich nehme beim Brotbacken auch immer bis zu 10% der Gesamtmenge Paniermehl, das ich des Geschmacks wegen vorher in der Pfanne anröste. Müllvermeidung ist ein wichtiger Eckpfeiler einer kreativen Küche, weil man sich motiviert, möglichst alles Vorhandene zu verarbeiten – und dabei vielleicht ungewohnte, bislang unentdeckte Verarbeitungsformen auszuprobieren.
Muffins sind normalerweise kuchenartig und süß. Ganz leicht und einfach - auch mit Kindern - lassen sich wunderbare und vielfältig variierbare Vorspeisen zaubern. ganz schnell geht es mit Blätterteig und leicht vorgekochtem bzw. gedämpftem Gemüse, auch Gemüsereste vom Vortag lassen sich damit leicht "upcyceln": Eine wunderbare Idee, aus Resten etwas ganz Neues zu schaffen.
Variationen mit Maultaschen: Ich kenne drei klassische Zubereitungsarten von (gekauften) Mautaschen. In der Suppe, geschmälzt oder gebraten in der Pfanne. Ich habe sie meist in 1 cm dicke Scheiben geschnitten und von beiden Seiten kross angebraten und dann noch Rührei drüber, - fertig und köstlich! Nur geringfügig aufwändiger (z.B. wenn Gäste kommen) ist es, daraus eine südamerikanische Maispastete, badisch interpretiert, zu zaubern: Die in Scheiben geschnittenen Maultaschen werden von beiden Seiten kross angebraten und beiseite gestellt. Nun nimmt man Mais (aus der Dose oder dem Glas), püriert ihn mit 1-2 Eigelb und etwas Milch, würzt nach Belieben – und schlägt das Eiweiß separat zu einem steifen Eischnee auf. Jetzt kommt das Ganze schichtweise in eine Auflaufform, zuerst etwas Maispüree, dann die Maultaschenscheiben, dann wieder Maispüree und der Eischnee, beides wird vorsichtig untergehoben, also leicht vermischt. Auf die Oberseite kann man Parmesan und / oder Paniermehl bzw. kleingemixtes, trockenes Brot streuen – und ab in den Ofen, bis sich eine schöne braune Kruste gebildet hat. Natürlich kann man in das Maispüree noch andere Gemüse mischen bzw. das Gericht mit Zwiebeln, Speckwürfeln o.ä. variieren.
In irgendeinem Kochbuch stieß ich mal auf ein Rezept für Pizzawaffeln, seither freuen sich nicht nur Kinder, wenn sie mal zu Besuch sind. Wunderbar einfach, raffiniert und vielseitig variierbar:
250 gr. Mehl
3 Eier
50 gr. weiche Butter
½ Würfel Hefe
¼ l Wasser
1 Msp Salz,
1 Msp Zucker
150 – 200 gr. Gemüse
ggf. Salami, Schinkenspeck o.ä.
Die Hefe wird zerbröselt, mit dem Zucker im Wasser aufgelöst und 10 Minuten warmgestellt. Nun wird das Mehl, die Butter und das Hefewasser zu einem Teig vermengt und beiseitegestellt. Das Gemüse wird kleingeschnitten und zusammen mit der Salami o.ä. in der Pfanne kurz gebraten bzw. gedünstet. Das Gemüse wird mit dem Teig vermischt und portionsweise im Waffeleisen gebacken.
Garnelen-Fondue wäre mal etwas ganz Besonderes, statt Käse oder Fleisch werden die leckeren Garnelen oder Shrimps (je nach Vorliebe und Geldbeutel) in Brühe gegart, dazu gibt es verschiedene Salate und Dips. Letztere lassen sich schnell aus den Grundzutaten Senf und Honig zaubern, ich nehme bevorzugt Feigensenf wegen des besonderen Aromas. Auch sehr einfach herzustellen ist ein Dip aus etwas Brühe und gemahlenen Nüssen, z.B. Cashew, Walnüssen oder Mandeln, die am besten vorher in der Pfanne leicht geröstet werden.